10 Gitarren, die du kennen musst #7: Die Fender Jaguar

Maximal vielseitig: Die Fender Jaguar

Gitarren mit vielen Knöpfen und Schaltern faszinieren mich  immer wieder.

Das hat mehrere Gründe: Die Aufregung, einen Knopf zu drücken und herauszufinden, was er bewirkt. Die Vielseitigkeit, die diese Optionen versprechen. Und außerdem fühle ich mich dadurch immer ein wenig wie James Bond in seinem Aston Martin, den Finger auf dem musikalischen Äquivalent des Schleudersitzknopfs.

Dieser Artikel befasst sich mit Gitarren mit vielen Features, insbesondere mit der Fender Jaguar. Ein Freund an der Universität hatte eine Fender Jaguar, und ich war immer neidisch auf die klanglichen Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung standen.


Die meisten Musiker mögen Vielseitigkeit

Sie erlaubt uns, mit so vielen verschiedenen Klängen wie möglich herumzuspielen. Die klangliche Bandbreite, die eine Gitarre zu bieten hat, ist ein wichtiger Faktor, der ebenso relevant ist wie Spielbarkeit und Stil.

Zum Beispiel kann das Wechseln des Tonabnehmers den Klang deiner Gitarre dramatisch verändern. Single-Coils geben dir die helleren, schwingenden Klänge. Aber mit einem Humbucker kann auf Knopfdruck ein runderer, vollerer Ton erzielt werden. Auch das Hinzufügen eines Coil Shunts (dieser umgeht eine der Spulen des Humbuckers und verwandelt ihn so in eine Einzelspule) ist eine sehr einfache Möglichkeit, dem Klangarsenal deiner Gitarre eine neue Farbe hinzuzufügen.

Die serienmäßige Fender Jaguar hat (im Gegensatz zu anderen Modellen) keinen Humbucker, aber sie bietet dennoch eine Vielzahl von Sounds und Effekten – und jede Menge Knöpfe!

Sieh dir dieses Video an! Man hört nicht nur die klangliche Vielfalt, sondern auch den schwer zu definierenden, runden, perkussiven Klang:

EINFÜHRUNG DER JAGUAR

Der Fender Jaguar wurde 1962 als funktionsreiches Flaggschiffmodell der Firma Fender eingeführt. Sie ist im Wesentlichen eine neu gestaltete Jazzmaster, die sich stark an ihren ikonischen Vorgänger anlehnt. Beide Instrumente haben die ergonomische, “versetzte Taille”, sowie ein Kontrollsystem mit doppeltem Schaltkreis gemeinsam.

Diese Verdrahtungskonfiguration umfasst zwei unabhängige Schaltkreise mit jeweils eigenen Merkmalen:

  • Der “Lead“-Kanal ist heller und aggressiver, so dass jede beliebige Kombination von Tonabnehmern möglich ist.
  • Der “Rhythmus“-Kanal verwendet nur den Hals-Tonabnehmer und leitet das Signal durch eine Reihe von Kondensatoren und Widerständen, was zu einem dunklen, weicheren Klang führt.

Entscheidend ist, dass jeder Schaltkreis über eigene Ton- und Lautstärkeregler verfügt, so dass du beide Kanäle unabhängig voneinander voreinstellen und einfach zwischen ihnen umschalten kannst. Außerdem gibt es einen “Strangle-switch” auf dem Lead-Schaltkreis – dadurch werden einige der tiefen Frequenzen entfernt, was der Gitarre einen glasigeren, dünneren Ton verleiht.

Insgesamt hat die Fender Jaguar acht Schalter und Drehregler, mit denen du herumspielen kannst!

Du kannst dir diese interaktive Gitarre ansehen, um dir ein besseres Bild zu machen…

Die Fender Jaguar hat eine kurze Mensur von 24 Zoll, was ihr trotz der Verwendung sehr ähnlicher Tonabnehmer einen insgesamt runderen Ton verleiht als ihrem Stratocaster Geschwistermodell. Aber was diese Gitarre am meisten von anderen unterscheidet, ist das Stegsystem. Ebenfalls von der Jazzmaster aus weiterentwickelt, hielt Leo Fender diesen für den ausgefeiltesten seiner schwingenden Stege. John Frusciante, der bei Under The Bridge eine Jaguar spielte, stimmt dem zu.

Durch eine Kombination von Federn, Platten, Hebeln und einem Steg, der vor und zurück wippte, hielt die Gitarre angeblich eine bessere Intonation bei eingeschaltetem Vibrato.

Nicht so gut für Dive-Bombing, aber sehr angenehm für den schimmernden Vibrato-Effekt, der diese Gitarre in der Surfer-Musikszene so beliebt machte.

Darüberhinaus konnte der Mechanismus durch das Drücken einer kleinen Klappe hinter dem Steg verriegelt werden. Das ist sehr nützlich, da sich die übrigen Saiten dann nicht verstimmen, wenn eine Saite während eines Auftritts reißt.

Der Stegmechanismus hatte noch einen weiteren Nebeneffekt, der den Klang der Gitarre beeinflusste: Die langen Saitenstücke zwischen Steg und Saitenhalter ließen viel sympathische Schwingung zu. Hierbei werden die Saiten durch die Resonanz anderer Saiten angeregt und tragen zum Gesamtklang bei (Sympathische Schwingung verleiht z.B. Sitars ihren charakteristischen Klang).

Der obertonreiche Klang der Fender Jaguars wird oft diesen relativ langen Saitenstücken hinter dem Steg zugeschrieben. Manche Spieler zupfen sie sogar und erzeugen so einen glockenähnlichen, fast unheimlich nachklingenden Ton, der eine große atmosphärische Wirkung hat.

Sonic Youth hat das oft gemacht:

Schließlich verfügte die ursprüngliche Fender Jaguar noch über einen Saitendämpfer – ein kleines Gerät in der Nähe des Stegs, das die Saiten sanft dämpft und den stumpferen, kürzeren, durch die Handfläche gedämpften Klang nachahmt. Wenn man also alle Schalter, Knöpfe, Hebel, Drehscheiben und Knöpfe zusammenzählt, kommt man auf 11 – das ist eine ganze Menge, verglichen mit den drei Schaltern einer Telecaster.

Probleme mit der Fender Jaguar?

Leider hatten diese brillanten neuen Funktionen ihren Preis: Sie waren fummelig und verwirrend für viele Gitarristen, und eine unsachgemäße Installation führte oft zu Stimmproblemen und Frustration. Viele entfernten den Saitendämpfer, andere überklebten einige der Knöpfe, um zu verhindern, dass sie versehentlich eingeschaltet wurden.

Für viele Gitarristen sind es einfach zu viele Möglichkeiten! Häufig führt eine höhere Anzahl an Optionen auch zu einer Verschlechterung der allgemeinen Klangqualität. Das Hinzufügen von mehr Tonabnehmern zum Beispiel erhöht die magnetische Anziehungskraft auf die Saiten, was wiederum deren Schwingungsmuster dämpft.

Gibsons heruntergefahrene Les Paul Junior war teilweise deshalb so beliebt, weil sie nur einen Tonabnehmer hatte, der ihr einen einzigen, jedoch erstaunlichen Klang verlieh.

Auch andere Elemente des Gitarrenspiels werden mit zunehmender Vielseitigkeit leiden. Offensichtlich ist das Gewicht ein Problem – Gibsons Double-Neck SG-Modell hatte einen sechs- und einen zwölfsaitigen Hals, so dass die Spieler auf der Bühne praktisch zwei Gitarren gleichzeitig in der Hand hielten.

Jimmy Page benutzte diese Two-in-One-Gitarre berühmterweise für Stairway to Heaven, aber sie trägt sich doch ziemlich schwer auf dem Rücken. Ein weiterer Nachteil: Je mehr Komponenten eine Gitarre hat, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass etwas kaputtgeht.

Ist die Jaguar eine, die alles kann, aber nichts richtig?

Ohne Zweifel ist die Fender Jaguar eine fabelhafte Gitarre, innovativ, vielseitig und mit großartigem Klang. Sie wirft das Motto “weniger ist mehr” kühn aus dem Fenster und behält trotz der unendlichen Möglichkeiten ihren Charakter. Aber für die Puristen bleibt die Frage: Soll eine Gitarre viele Sachen ganz ok können oder eine einzige Sache richtig gut?

Während sich die Technologie weiterentwickelt, wird dieses Thema für Gitarrendesigner immer wichtiger – ich werde mich nächste Woche damit befassen…

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