Lerne Fingerstyle-Gitarre: Vier einfache Fingerpicking Muster für Anfänger

Ah, Fingerpicking . . . Schon das Wort erinnert an faule Sommernachmittage auf der Veranda oder Abende am Lagerfeuer, karierte Flanellhemden, Chet Atkins, biologisches Gärtnern, Anaïs Mitchell, die Bürgerrechtsbewegung, Simon und Garfunkel, nachdenkliche Betrachtungen an einem Regentag und vieles mehr.

Fingerpicking bedeutet eigentlich nur, dass man die Saiten mit den Fingern zupft, ohne Pick. Dieser Stil ist ein so integraler Bestandteil der Folkmusic, dass er oft die erste Wahl der Gitarrenbegleitung ist. Aber er spielt auch eine große Rolle im Bluegrass, in der Countrymusik, im Blues und Rock, ja sogar im Heavy Metal. Und für Singer-Songwriter ist er schon immer der ideale Spielstil gewesen, da er so gut zu ihrer nachdenklicheren Art zu arbeiten passt. Ohne Fingerstyle-Gitarre gäbe es kein “Take Me Home, Country Road”, “Stairway to Heaven”, “Rhiannon”, “Hallelujah” und eine ganze Reihe von weiteren klassischen Hits.

Fingerpicking ist eine der wenigen musikalischen Techniken, die tatsächlich Spaß machen, so fließend, so beruhigend, so Zen. Außerdem scheint das Fingerpicking einfach den besten Klang aus der Gitarre als Instrument herauszuholen.

Wenn du immer noch nicht überzeugt bist, sieh dir dieses Video an, um einen Eindruck davon zu bekommen, was die Fingerstyle-Gitarre für die Geschichte der populären Musik bedeutet. Die meisten der Lieder in diesem Video sind Kombinationen verschiedener Fingerpicking-Styles, von denen wir dir heute einige beibringen werden.




Fingerpicking mag zunächst schwierig erscheinen, aber sobald deine Finger geübt sind, bewegen sie sich mit der Leichtigkeit und Anmut trainierter Delphine. Du wirst eine deutliche Verbesserung sehen, sobald deine Finger den Stil verinnerlicht haben, dein Spiel wird locker flockig aussehen und du kannst dich auf deinen Stil oder deinen Gesang konzentrieren.

Die folgenden vier Fingerpicking Styles und ihre Variationen öffnen dir die Tür und bieten dir eine Grundlage für das spätere Erlernen weiterer Styles. Du musst zunächst keine Akkorde spielen, wenn du anfängst, sie zu üben. Wenn du dennoch sofort Akkorde verwenden möchtest, empfehlen wir dir, dir welche mit möglichst wenig stummen Saiten auszusuchen, wie zum Beispiel G-Dur, e-Moll und E-Dur. Dadurch ist das Lernen einfacher, und wenn du die Muster einmal einstudiert hast, kannst du sie immer noch mit den anderen Akkorden ausprobieren.

Für diesen Artikel werden wir die Saiten nach dem Cipher-System nummerieren, das intuitiver ist als die Art und Weise, wie deine Gitarrensaiten nummeriert sind, wenn du sie kaufst. Die Saiten werden also wie folgt nummeriert (denk daran, B steht für deutsch H):

Es gibt keine “richtige” Art und Weise, die untenstehenden Muster zu spielen; sie sind einfach nur Hilfen fürs Fingerpicking, und es steht dir völlig frei, sie nach Herzenslust miteinander zu mischen und zu verändern. Wir werden dir nicht einmal sagen, welche Finger du für welche Saiten benutzen sollest; benutze einfach die Finger, die dir am angenehmsten sind, denk nur daran, deinen Daumen für die Basssaiten aufzusparen.

Es ist einfacher, wenn du deine Finger schon auf den Saiten platzierst, die sie zupfen sollen. So gewöhnen sie sich schon einmal daran, in der Nähe dieser Saiten zu bleiben, bis sie gebraucht werden.

Bei der Fingerstyle-Gitarre wird der Daumen normalerweise bereitgehalten, eine der ersten drei (Bass-)Saiten anzuschlagen, während die drei Finger für die Saiten drei bis sechs bereitgehalten werden. Du kannst aber auch alle drei der höheren Saiten gleichzeitig anschlagen, wie es Joni Mitchell, Tracy Chapman und so viele andere Singer-Songwriter getan haben.

Die ersten beiden Muster sind relativ einfach, aber für das dritte und vierte Muster wirst du etwas länger brauchen, also sei nett zu dir selbst und lass dir Zeit. Auch wenn sie jetzt schwierig erscheinen – wenn du sie einmal gelernt hast, wirst du sie praktisch mühelos spielen können.

1. Das Grundmuster (Eins-Vier-Fünf-Sechs)

Zupfe die erste Saite mit dem Daumen, dann die vierte Saite mit dem Zeigefinger, die fünfte Saite mit dem zweiten Finger und den höchsten Ton des Akkords mit dem dritten Finger. Wiederhole das Ganze bis zum Ende.

Du kannst diesen Style mit beliebigen Liedern im 2/4- oder 4/4-Takt spielen.




Variation: Wechsle zwischen den Basstönen die du mit dem Daumen spielst. Du kannst das Ganze auch rückwärts spielen, beginne mit der sechsten Saite, um wie ein Teil des Intros von “Stairway to Heaven” zu klingen.

2. Das “Rising Sun”-Muster (Eins-Vier-Fünf-Sechs-Fünf-Vier)

Dieser Style ist für jene Songs im 3/4-Takt, die wir so oft in der Folkmusic finden, und manchmal im Rock, wo er zum 2/4-Takt wird (zwei Hauptschläge, aber jeweils in drei kürzere Schläge unterteilt). “House of the Rising Sun”, “In the Pines” und “Nothing Else Matters” von Metallica sind einige Beispiele für  Songs, die dieses Muster verwenden.

Beginne genau wie im Grundmuster, aber nachdem du die sechste Saite mit dem dritten Finger angeschlagen hast, kehrst du die Richtung um und schlägst mit dem zweiten Finger noch einmal die fünfte Saite an und dann mit dem Zeigefinger die vierte Saite.

Variationen: Auch bei diesem Muster kannst du zwischen den Basstönen wechseln, die du mit dem Daumen spielst.




Eine andere Variante besteht darin, einen schnellen Durchlauf (mit Daumen plus Zeigefinger und zweitem Finger) der dazwischen liegenden Saiten einzufügen, bevor du die sechste Saite anschlägst und dann die Richtung umdrehst. Wenn du wissen willst, wie das klingt, dann hör dir die Animals an, wie sie “House of the Rising Sun” spielen.

3. Das “Suzanne”-Muster

Dieses Muster heißt so, weil es dem Muster am Anfang von Leonard Cohens Song “Suzanne” sehr ähnlich ist.

Zupfe die dritte und fünfte Saite gleichzeitig mit Daumen und zweitem Finger, dann zupfe die dritte Saite. Dann zupfe die zweite und sechste Saite gleichzeitig mit dem Daumen und dem zweiten Finger, und zupfe die dritte Saite erneut. Wiederhole das.

Anmerkung: Obwohl dieses Muster einen charmanten Klang hat und ein großartiges Intro darstellt, wie im “Sound of Silence” von Simon and Garfunkel, ist es für ein ganzes Lied ein wenig eintönig und wird normalerweise zusammen mit einem anderen Fingerpicking-Style verwendet, um Abwechslung oder Emotionen  zu erzeugen. Es bereitet dich auch darauf vor, das nächste Muster zu lernen.

4. Das “Blackbird”-Muster (Eins und Sechs, dann Zwei-Fünf-Eins-Sechs-Drei)

Ja, es ist nach dem Song der Beatles benannt, in dem es vorkommt (und es ist auch in “Dust in the Wind” von Kansas zu hören). Die einfachste Art, dieses Muster zu erklären, ist wieder, die Saiten in der Reihenfolge zu nennen, in der sie gezupft werden.

Hier ist die Reihenfolge, in der du die Saiten zupfst: eins und sechs zusammen, zwei, fünf, eins, sechs, drei (1+6-2-5-1-6-3). Mit welchen Fingern du zupfst, ist nicht ausschlaggebend, aber um die Bewegung richtig hinzukriegen ist es wichtig, dass der erste Ton und jeder zweite Ton danach mit dem Daumen gespielt wird, der zwischen den drei Basstönen hin und herwechselt.

Wenn du das erst einmal hingekriegt hast, musst du nicht mehr ganz so streng darauf achten, welche Saiten du anschlägst – wichtig ist, dass du Leichtigkeit bei der Auf- und Abbewegung zwischen Daumen und Fingern entwickelst.




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Wenn du einmal verstanden hast, wie man diese Muster spielt, kannst du anfangen, Akkorde zu verwenden. Benutze dafür deine Uberchord-App, um deinen Stil zu optimieren, bis er sauber ist. Danach kannst du daran arbeiten, mit Stil und Gefühl zu spielen, um dein Spiel unvergesslich zu machen. (Mehr dazu findest du in unserem Artikel 8 Erleuchtende Zen-Lehren, um die Kunst der Gitarre zu meistern).

Wenn du mit der Fingerstyle-Gitarre weitermachen möchtest, sollte dein  nächster Schritt sein, neue Muster spielen zu lernen und sie zu kombinieren, und zu lernen, die Melodie während des Spielens hinzuzufügen. Bei den großen Fingerpickern klingt es oft so, als spielten zwei Gitarren – eine spielt die Melodie und die andere begleitet sie. Es ist nicht so unmöglich, wie es klingt, es braucht nur ein wenig Hingabe und Übung. Bleib dran, und vergiss nicht: Wir stehen hinter dir!

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